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Direkte numerische Simulation

Die Direkte Numerische Simulation (DNS) wird am Lehrstuhl für Energieanlagen und Energieprozesstechnik dazu verwendet, eines der komplexesten Phänomene in der Strömungsmechanik zu behandeln: die Untersuchung turbulenter reaktiver Strömungen. Bei Verbrennungsvorgängen ist es häufig nicht möglich, fundamentale Eigenschaften der zugrundeliegenden physikalischen Vorgänge aus experimentellen Versuchen zu gewinnen. Ebenso wird die analytische Theorie der turbulenten Verbrennung mit komplexer chemischer Kinetik im Bereich ähnlicher Größenordnung für die turbulenten und chemischen Skalen so komplex, dass mit ihr nur bedingt Aussagen über die zugrundeliegenden physikalischen Vorgänge mit praktischer Relevanz gemacht werden können. Deshalb benötigt man eine Alternative zur Untersuchung dieser Problemstellung. Die DNS scheint eines der interessantesten und zukunftsträchtigsten Werkzeuge zur Untersuchung von turbulenten Verbrennungsvorgängen zu sein. Das liegt vor allem daran, dass keinerlei Modellbildung weder für die Turbulenz noch für die Verbrennung angewendet werden muss. Die DNS ist somit in der Lage, sowohl verschiedene Arten von numerischen Experimenten durchzuführen, die als Grundlage für die Verbesserung einfacher Modelle für die Strömungs- und Verbrennungsmodellierung dienen können, als auch Möglichkeiten zu liefern, die analytische Theorie der turbulenten Verbrennung zu verbessern.

Es ist zu beachten, daß bei der Auflösung aller räumlichen und zeitlichen Skalen der Einsatz von immenser CPU-Leistung sowie ein hoher Einsatz an Hardwareressourcen notwendig wird, welche nur von Höchstleistungsrechnern, wie massiv parallelen Systemen, Workstation/PC-Clustersystemen oder Vektorrechnern, zur Verfügung gestellt werden kann. Die Direkte Numerische Simulation ist aufgrund des extrem hohen Berechnungsaufwands zum jetzigen Zeitpunkt auf Probleme mit relativ niedrigen turbulenten Reynoldszahlen beschränkt oder auf Probleme, bei denen die Effekte der nicht mehr auflösbaren Wirbel vernachlässigbar sind (Überschallströmungen). Das die DNS auch in den nächsten Jahren ein Werkzeug bleiben wird, das der Wissenschaft vorbehalten ist, unterstreichen P. Moin und K. Mahesh treffend mit folgendem Zitat:

"We stress that DNS is a research tool, and not a brute-force solution to the Navier-Stokes equations for engineering problems."

Die Simulationen werden unter Verwendung des Programms NSCORE durchgeführt. NSCORE steht als Abkürzung für Navier-Stokes equations with COmplex REactions.

Das Programm löst die vollständigen Navier-Stokes-Gleichungen mit variabler Dichte wie sie aus den Mehrkomponenten-Reaktionsgleichungen für Gase hergeleitet werden können (Kuo 1986, Williams 1985). Das System basiert auf den unabhängigen Variablen Dichte r, Impuls rui, den dichtegewichteten Speziesmassenbrüchen ryi und der totalen Energie ret. Zur räumlichen Diskretisierung der Gleichungen wird ein schwach numerisch dissipatives Padé-Verfahren (Lele 1992) sechster Ordnung verwendet, mit einer Auflösung ähnlich zu spektralen Verfahren. Zur zeitlichen Integration wird ein Runge-Kutta Verfahren dritter Ordnung verwendet. Die akkurate Abbildung der Randbedingungen, die bei der DNS von entscheidender Bedeutung ist, wird über eine NSCBC Technik (Navier-Stokes Characteristic Boundary Condition) realisiert (Lele, Poinsot 1992). Diese Methode basiert auf einer Eigenwertanalyse der Euler Gleichungen und einer speziellen Behandlung der viskosen Terme. Stellt man für alle Berechnungspunkte die Gleichungen auf, ergibt sich ein tridiagonales Matrixsystem mit vielfachen rechten Seiten (RHS) der Matrix. Diese Matrix wird mittels einer LU-Zerlegung gelöst. Grundlage dieses Verfahrens ist das Gaußsche Eliminationsverfahren, das zur Zerlegung der Matrix A=LU führt. Dabei erhält man eine obere und eine untere Matrix mit einer Bandstruktur, die ähnlich der Systemmatrix A ist. Für die verschiedenen rechten Seiten der Matrix läßt sich ein sehr effizientes Verfahren mit einer Vorwärts- und einer Rückwärtssubstitution implementieren. Dieses Verfahren lässt sich mit einer Vektorisierung über die verschiedenen RHS-Lösungen ausgesprochen effizient lösen. Darüber hinaus ist das Programm mittels der MPI- Bibliothek für Mehrprozessorrechner und Rechnercluster parallelisiert. Aufgrund der Verwendung von einfachen kartesischen Gittern ist damit ein optimales Load Balancing gewährleistet.

Das Programm wurde von M. Baum entwickelt und steht dem Lehrstuhl durch eine Lizenz mit NEC zur Verfügung.

Im Rahmen seiner Dissertation an unserem Lehrstuhl ist das Programm von M. Deilmann auf Diffusionsflammen erweitert worden. Derzeit beschäftigt sich unser Mitarbeiter B. Roberg im Rahmen des Projektes BOFLAMIII mit der Erstellung von DNS- Rechnungen zur Untersuchung von turbulenten Verbrennungsvorgängen von höheren Kohlenwasserstoffen.

DNS einer H2-O2-Diffusionsflamme

Konturplot des Radikals HO2

Reaktionsschema nach Kee 1982

20 Reaktionen zwischen 9 Spezies

Turbulenzspektrum nach v. Karman und Pao